Den Rücken durchgedrückt, den Klicker in der Rechten, die Linke am Fokusrad – so sitzt Jessica vor dem Mikroskop und schaut konzentriert durch die Okulare. Was sie dank 100-facher Vergrößerung auf einem Glasträger sehen kann, sind die Zellen in einem ausgestrichenen, angefärbten Tropfen Blut. Manche davon haben kleine, lila Verfärbungen im Inneren. Das sind Malariaparasiten, die sich für die Vermehrung in den roten Blutkörperchen eingenistet haben. Diese infizierten Blutzellen zählt Jessica, und zwar nicht nur in einer Probe, sondern in dutzenden, mehrere Stunden täglich.
Jessica arbeitet in der Forschungsgruppe von Prof. Dr. Friedrich Frischknecht am Universitätsklinikum Heidelberg. Thema der Forschung ist der Lebenszyklus und die Verbreitung des Parasiten, der Malaria verursacht. Für die Experimente im Labor ist es besonders wichtig zu wissen, wie stark eine Blutprobe von dem Parasiten befallen ist und deshalb gehört es zur Routine, dass Laborassistentin Jessica sowie alle Studenten und Doktoranden in der Forschungsgruppe viel Zeit am Mikroskop verbringen und zählen. „Diese Routinearbeit fällt in meinem Labor, sowie in hunderten von Laboren und Krankenhäusern auf der ganzen Welt an, wo Malaria diagnostiziert wird. Die Malariamikroskopie kostet unglaublich viel Zeit und behindert nicht nur den Fortschritt in der Malariaforschung sondern auch die schnelle Behandlung von Patienten“, so Dr. Frischknecht.
„Mehr als 204 Millionen Patienten wurden 2016 durch mikroskopische Analyse auf Malaria getestet.”
Warum sollte das Mikroskop nicht gleich das Zählen und Auswerten übernehmen? Mit diesem unkonventionellen Ansatz begann sich Intuity 2017 mit dem Problem der manuellen Routinemikroskopie zu befassen. Die Hypothese: die immer zuverlässigeren Algorithmen aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz (KI) zusammen mit kompakten und leistungsfähigen Sensoren und Mikroprozessoren bieten ein umfangreiches Toolset für die Entwicklung günstiger und trotzdem intelligenter Laborgeräte
Resultat des Projektes nach zwei Jahren Arbeit: das Minimic. „Bei unserer Entwicklung Minimic handelt sich um ein kompaktes, vergleichsweise günstiges Lichtmikroskop, das nicht nur winzige Objekte vergrößert, sondern auch erkennt und zählt”, beschreibt Markus Turber, Geschäftsführer von Intuity Media Lab, das kaum schuhkartongroße Gerät. Die Bildanalyse erfolgt mittels einer integrierten KI, die von den Anwendern trainiert und über eine Cloud geteilt wird. „So lernt unser Minimic, die unterschiedlichsten Proben zu erkennen und auszuwerten und wird dadurch selbst zum Experten“, erläutert Dr. Henning Falk, Biologe bei Intuity. Wo herkömmliche Mikroskope den Nutzer mit der Interpretation von mikroskopischen Proben alleine lassen, liefert das Minimic die Analyse gleich mit. Das spart Zeit und garantiert zuverlässige Ergebnisse auch bei unerfahrenen Anwendern.
Schon auf den ersten Blick wird deutlich, dass das Minimic mit den Standards der klassischen Mikroskopie bricht. Es finden sich keine Okulare für die direkte Betrachtung der Probe und statt auf einem massiven Grundkörper aus Metall kommt das Minimic zierlich und mit transparenter Haube daher. Der Grund dafür: Hardware und Optik sind für die digitale Bildaufnahme, nicht für die direkte Betrachtung optimiert und statt mit aufwendiger und teurer Technik hohe absolute Präzision zu erreichen, setzt das Team bei Intuity auf günstige Komponenten in Verbindung mit einer intelligenten Steuerung.
Der potentielle Nutzen intelligenter Mirkoskopiesysteme ist immens, denn Malaria ist bei weitem nicht die einzige Krankheit, die durch manuelle Mikroskopie diagnostiziert wird. Tuberkulose und viele weitere Infektionen können in Blut und anderen Körperflüssigkeiten identifiziert werden. Um die Möglichkeiten des Minimic auszuloten und die ersten Anwendungen zu trainieren, hat Intuity gerade die ersten zehn Exemplare in der eigenen Werkstatt zusammengeschraubt und testet diese nun zusammen mit Laboren und Forschungsgruppen, unter anderem natürlich mit Dr. Frischknecht in Heidelberg.
Die Trainierbarkeit der Minimic-KI macht eine unkomplizierte Ausweitung der Anwendungsfelder über die Medizin und Lebenswissenschaften hinaus möglich. „Zusammen mit unseren Pilotnutzern haben wir schnell festgestellt, wie vielseitig unser Ansatz tatsächlich ist: Gestartet wurde das Projekt zur Diagnose von Malaria in Blutproben, jetzt reden wir über Parasiten in der Veterinärmedizin, Pollenzusammensetzung in Honig und Größenverteilung von Staubpartikeln auf Industrieprodukten. Wir sind schon gespannt, was als nächstes hinzu kommt“, freut sich Herr Turber.
Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Exploration neuer Use Cases für das Minimic, gleichzeitig ist Intuity auf der Suche nach Investoren und Partnern, um das Minimic den Markteintritt zu ermöglichen.
Wer mehr über das Projekt erfahren und die weitere Reise des Minimics verfolgen möchte, der findet auf minimic.com die Möglichkeit, sich für den Minimic-Newsletter anzumelden.
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