Damit Effizienz und Stabilität nicht aus dem Gleichgewicht geraten, finden innerhalb von Leistungsorganisationen vorwiegend ergebnisorientierte Innovationen statt. Das bedeutet, dass neue Produkte und Services sich vorwiegend im Bereich der Optimierung und Weiterentwicklung bewegen. Im Realisierungsfeld ist es daher schwer, den geeigneten Nährboden für grundlegend neue Geschäftsmodelle zu kultivieren.
Die Methoden und Prozesse aus dem Realisierungsfeld kommen bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle an Ihre Grenzen. Denn sie sind dazu da, neben der Weiterentwicklung des Unternehmens, die Effizienz und Stabilität der Organisation zu erhalten. Bekannte Aufgaben werden hervorragend gemeistert um zuverlässige Ergebnisse zu produzieren.
Wenn wir über grundlegende Innovationen sprechen, sind diese zwar ergebnisoffen jedoch zielorientiert. D.h. wir entwickeln Ideen und Optionen zu neuen Produkten, Services und Geschäftsmodellen – explorieren und bewegen uns auf unbekanntem Terrain, ohne von vornherein zu wissen ob und wann Sie Erfolg haben werden.
Effektivität und Schnelligkeit stehen Effizienz und Stabilität gegenüber. Agile Methoden und eine gesunde Fehlerkultur lösen Wasserfallprinzipien und das Sicherheitsdenken ab. Das geschieht nicht auf grüner Wiese sondern innerhalb definierter Leitplanken. Diese Leitplanken geben zum einen eine Richtung vor, zum anderen spannen sie Freiräume im Unternehmen und für die Mitarbeiter auf. Eine große Herausforderungen wird allerdings nicht darin liegen die Freiräume aufzuspannen sondern vielmehr diese zu schützen und auf Dauer in der Kultur des Unternehmens und im Alltag der Mitarbeiter zu verankern.
Freiraum klingt für die meisten Mitarbeiter zunächst sehr positiv. Freiräume zu nutzen bedeutet jedoch auch zu lernen verantwortungsvoll damit umzugehen, alte Verhaltensmuster bewußt abzulegen um Platz für „neues Denken“ zu schaffen. Viele Mitarbeiter werden dabei Unterstützung im Sinne von Impulsen, Motivation und Durchhaltevermögen brauchen.
Mit Start-ups, Inkubatoren, Buy-ins, Spin Offs etc. testen Unternehmen unterschiedliche Möglichkeiten bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle.
Dabei sind Unternehmen oft selbst in einem Zustand der Exploration als eine Form von Start-up gestartet. Einen Explorationsraum aufzuspannen heißt auch ein Stück weit zu den Wurzeln der Gründung zurückzukehren, um innerhalb des Unternehmens ein Bewusstsein für den Kern der Innovationskultur zu schaffen.
Ein gewachsenes Unternehmen kann das eine nicht tun und das andere lassen. Es gibt unterschiedliche Ansätze einen Explorationsraum zu etablieren und das Realisierungsfeld gleichzeitig weiterzuentwickeln. John Kotter beschreibt in seinem Modell des „dualen Betriebssystem“ einen integrativen Ansatz.
Dabei bildet die Durchdringung der beiden Betriebssysteme – hier der „Explorationsraum“ und das „Realisierungsfeld“ – den Kern des Modells.
Ziel dabei ist es, das Unternehmen aus seinem Inneren heraus weiterzuentwickeln und eine nachhaltige Innovationskultur aufzubauen. Der Schlüssel dafür sind die Mitarbeiter und deren Vernetzung untereinander. Aufgrund seiner Wandlungsfähigkeit kann das Unternehmen stetig aufs Neue stabilisiert werden.
Aus den ersten Projekten im Bereich der Organisationsentwicklung haben wir schnell gelernt, dass wir das Modell des „dualen Betriebsystems“ erweitern müssen, um bewußter am System selbst zu arbeiten. Diesen Raum haben wir gemeinsam mit unserer Projektpartnerin Claudia Träger weiterentwickelt und Reflexionsraum genannt. Er bietet uns die Möglichkeit, einen Schritt zurück zu treten und mit dem nötigen Abstand die Prozesse und Methoden auf den Prüfstand zu stellen, gegebenenfalls zu verwerfen und neu zu denken.
Innerhalb des Reflexionsraums entwickelt das Team die Fähigkeit, die beiden Betriebssysteme bewußt voneinander zu unterscheiden – sie jedoch nicht zu trennen. Ganz im Gegenteil: Ziel des Reflexionsraum ist es die beiden Betriebssysteme „Explorationsraum“ und „Realisierungsfeld“ integrativ miteinander zu verbinden.
Ein Unternehmen ist umso resilienter gegen Turbulenzen und Veränderungen des Umfelds desto diverser und wandlungsfähiger es ist. Die Wandlungsfähigkeit gründet auf der Vielfalt, Anpassungsfähigkeit und den Handlungsmöglichkeiten eines Unternehmens. Ziel des Explorationsraums ist es eine Vielzahl strategischer Optionen zu entwicklen, zu testen und zu filtern. Erste Hypothesen werden auf diese Weise zu neuen Chancenfeldern, die ins Realisierungsfeld fließen.
Headerbild: Caleb Woods